Orthographie für alemannisch

Zu meiner Orthographie des Alemannischen in ZH-Variante

  1. Ausgangspunkt ist die deutsche Orthographie mit den selbstverständlichen Anpassungen der Lautwerte an die alemannische Aussprache im Allgemeinen (zB. b, d, g, s insonant) und die zürcherischen im besonderen (zB langes ‘aa‘ dunkel). Das geht aber nicht soweit, dass Inkonsequenzen und Sonderregelungen der Orthographie nicht korrigiert würden: Deshalb verwende ich für den deutschen ‘eu‘ oder ‘äu‘ geschriebenen Diphthong [œi] ein ‘öi‘, für deutsch ‘ei‘ oder ‘ai‘ [æi] steht ‘äi‘, letzteres schon weil ‘ei‘ gebraucht wird für [ei]. Und die [∫] vor t und p werden geschrieben, also ‘sht‘ und ‘shp‘ (OBS: Punkt 2), ebenso die Aspirationen nach ‘p‘ und ‘t‘, die bekanntlich nur Ausnahmen sind, zB ‘phakeet‘, hingegen ‘posht‘. In diesem Sinne steht ‘k‘ für [kx] nicht für [kh], für [k] steht ‘gg‘ oder ‘c‘.
  2. Gekürzt wird das Graphem ‘sch‘ (für [∫]) zu ‘sh‘ analog dem Englischen, die ‘v‘ werden verteilt in ‘f‘ und ‘w‘, mit Ausnahme gewisser offensichtlicher Fremdworte.
  3. ‘‘Lange‘‘ Konsonanten werden doppelt geschrieben, das betrifft die Liquida. Da die Explosiva ‘t‘ und ‘p‘ schon vorhanden sind, gibt es keine Doppelschreibung von ‘d‘ und ‘b‘ als Zeichen der Stärke und auch nicht von ‘t‘ und ‘p‘, denn als Zeichen für kurze Silben taugt das nicht, weil Zürichdeutsch dazu neigt, offene Silben zu kürzen, ‘gg‘ gibt es aber für [k]. Auch wird auf die Doppelschreibung von ‘ch‘ und ‘sh‘ verzichtet, also sowohl ‘mache‘ wie auch ‘lache‘. Das heisst aber auch, dass ‘‘kurze‘‘ Konsonanten einfach geschrieben werden, auch wenn es ungewohnt ist, zB deutsch ‘Ich weiss, dass es ‘‘heiss‘‘ heisst‘, wird übersetzt in: ‘ich wäiss, das es ‘‘häiss‘‘ häist‘.
  4. Bei den Vokalen wird differenziert zwischen [e], [‘‘rundes E‘‘] und [æ], die bekanntlich alle kurz und lang vorkommen, und zwar durch ‘e‘, ‘è‘ respektive ‘ä‘. Für das unbetonte e [‘‘e auf dem Kopf‘‘] steht ‘e‘, trotz recht offener Aussprache. Nicht differenziert wird zwischen den ganz und nicht ganz geschlossenen langen ‘i‘ und ‘ü‘, und auch nicht zwischen den offenen [œ:] (zB ‘shööfli‘) und den geschlossenen [ö:] (zB ‘töörli‘), obwohl da die Differenz recht gross ist.
  5. Lange Vokale werden konsequent mit Doppelvokal geschrieben, also ‘ii‘ für langes i und nicht ‘ie‘ (letzteres wird für den entsprechenden Diphthong gebraucht). Die häufigen Halblängen werden in lang und kurz aufgeteilt; auch Wörter, vor allem Pronomen, die je nach dem lang oder kurz ausgesprochen werden, werden auch je nach dem mit doppeltem oder einfachem Vokal geschrieben. So gibt es für das Personalpronomen 1. Person Plural: ‘miir‘, ‘mir‘ und ‘mer‘.
  6. Ein besonderes orthografisches Problem sind die im Alemannischen so beliebten Cluster, also Zusammenzüge von 2 bis 3 Konsonanten. Mein Prinzip ist, die Cluster werden in der Schrift ignoriert, wenn die beteiligten Laute zu verschiedenen Wörtern gehören, also zB ‘d frau‘ und nicht ‘pfrau‘, ‘daa gaat de maa‘  und nicht ‘daa gaate maa‘, es sei denn, die Wendung sei zusammen überaus geläufig und immer noch ‘‘lesbar‘‘, zB. ‘wämmer‘ und ‘gömmer‘ (neben ‘wänd mer‘ und ‘gönd mer‘). Ein Cluster innerhalb   e i n e s   Wortes, auch wenn es zusammengesetzt ist, wird hingegen so geschrieben, wie wenn man dessen Entstehung nicht kennen würde, zB. ‘haupaanhoof‘, oder ‘hiuntaa‘ oder au ‘ich ha kocht‘.
  7. Mobile ‘n‘ und ‘r‘ werden zwischen Bindestriche geschrieben, sozusagen als ‘‘Bindemittel‘‘, so wie das auch empfunden wird, zB ‘luege-n-und lose‘.
  8. Ein Apostroph kommt nur dahin, wo etwas weggelassen wird gegenüber der üblichen Ausdruckweise, nicht wenn etwas durch die sprachliche Entwicklung weggefallen ist, wie zB das ‘e‘ der Vorsilbe ‘ge‘ im Partizip Perfekt oder der Vokal im bestimmten Artikel Plural und feminin Singular; also zB. ‘ich ha d büchs glèèrt‘. ([di] wird nur vor Adjektiv  – substantiviert oder nicht –  gebraucht, wenn jemand [diæ] sagt ist das ganz klar demonstrativ zu verstehen.) Diese Prinzip wird durchgezogen, auch wenn Varianten ein und desselben Wortes existieren: So heisst das Personenpronomen 3. Person Singular Neutrum (deutsch ‘es‘) in manchen Konstellationen ‘s‘ in andern ‘es‘. (Nicht zu verwechseln mit dem Artikel ‘es‘ (deutsch ‘ein‘), das nie zu ‘s‘ verkürzt wird, weil ‘s‘ als Artikel für die bestimmte Form steht.) So wird es auch geschrieben; nur, wenn eigentlich ‘es‘ hingehören würde, ich aber nur das ‘s‘ haben will, schreibe ich ein Apostroph vor das ‘s‘.
  9. Fremdwörter schreibe ich gerne rücksichtslos neu, so wie man sie sagt, anstatt entsprechend ihres Ursprunges, ohne das konsequent durchzuhalten. Das trifft vor allem das griechische ‘ph‘ für [f], schon weil ich das ‘ph‘ für [ph] brauche, was dann zu sehr ungewohnten Schriftbildern führt. (Ich finde es eigenartig, dass zwar ‘Fotografie‘ gängig ist, nicht aber ‘Foton‘.) Eigennamen schreibe ich meistens wie gewohnt, und nicht nach den obigen Regeln.

01.03.2021