Zwei Gedanken

Seit langem schon denke ich, dass ich nicht recht imstande bin, mich unter den Menschen und Dingen zurechtzufinden, und dass ich doch dazu besser imstande sein könnte.

Diese beiden Gedanken zusammen haben mich zu vielen Nachforschungen und Versuchen gebracht, zu denen mich einer allein bestimmt nicht veranlasst hätte; denn wenn ich zum Beispiel nur gedacht hätte, ein Leben wie das meine sei nicht zu meistern, so wäre eine Religion oder eine der mannigfachen skeptischen Haltungen der Philosophen ausreichend gewesen, mich zu beruhigen. Hätte ich nur gedacht, ich müsste meine Aussichten verbessern, so würde ich mich mit dem Erwerb einiger schlauer Handgriffe begnügt haben und wäre so in jene so häufige Betriebsamkeit verfallen, die aus allem das Beste herausholt und damit im Grunde alles sein lässt, indem sie sich eben an sein Bestes hält. So aber hielt ich meine zwei Gedanken immer beisammen und wurde so weder die Unruhe los noch die Vorsicht: Ich wollte alles so betrachten, dass ich mich zurecht fände, weder länger noch kürzer; ich wollte mich nicht zu lange beim Unvermeidlichen aufhalten, noch zu früh etwas für unvermeidlich erklären.

Bert Brecht